Sonntag, April 13, 2008

Warum Eintracht Trier doch nicht gewann

Die Regionalbahn kam zum Stillstand. Es war kurz vor 12 Uhr Mittags und außer drei jüngeren Fans mit Schals waren keine Saarbrücker auf dem Trierer Hauptbahnhof in Sicht. Ich hatte mich für den frühen Zug und neutrale Kleidung entschieden, um vor dem Spiel noch einen kleinen Stadtbummel unternehmen zu können. Wer sich um diese Uhrzeit mit optischen Hinweisen auf die FCS-Nähe am Bahnhof aufhielt, erregte sofort die Aufmerksamkeit der anwesenden Ordnungshüter. Kein Wunder, auf dem Bahnhofsvorplatz erste Trierer auf die Ankunft der Gäste warteten. Ich ging zunächst in den Zeitungsladen im Bahnhofsinneren, um mir die Schlagzeilen des "Trierischen Volksfreundes", dem moselfränkischen Äquivalent zur Saarbrücker Zeitung, anzusehen. 6 Gründe, weshalb die Eintracht an diesem Tag gewinnen sollte, wurden einem offeriert. Über die Chancen für die Gäste war nichts zu lesen.

Die Trierer Innenstadt schien von Touristen und Schulklassen überflutet: Heilig-Rock-Tage. Ob man irgendwann auch mal zu Ausstellungen urzeitlicher Fußballtrikots in Scharen pilgern wird? Jedenfalls war das Stadtbild an diesem Tag nicht vom fußballinteressierten Teil der Bevölkerung dominiert. Beim Besuch der Porta Nigra wurde man auf so manches Detail aufmerksam, was dann doch auf das anstehende Derby schließen ließ.



Um das Moselstadion herum dominierte nun die Farbe Grün. Die Polizei schien nach den Vorfällen der vergangenen Woche besonders alarmiert zu sein und war omnipräsent. Dies äußerte sich auch bei der Einlasskontrolle. Als mich ein Ordner routinemäßig abtastete, wurde ich von einem Polizisten aufgefordert, meinen Personalausweis vorzuzeigen. Offensichtlich war meine bewusst neutral gewählte Kleidung einen Tick zu auffällig unauffällig, sodass mein Name nun in der Liste der Stadionverbotler gesucht wurde. Nachdem mein Name in eben jener Liste nicht auftauchte, verlangte der Polizist noch nach meinem Schiedsrichterausweis, mit dem ich gerade in den Block gelangt war, um dann von weiteren Kontrollen abzulassen.

Im Gästeblock bekam ich eine Rote Karte zugesteckt. Als Schiedsrichter hab ich so etwas natürlich bereits, hier handelte es sich jedoch um ein Flugblatt der örtlichen Polizei, welche einen Leitfaden herausgab, wie man selbst der "Gewalt im Fußball" einen Platzverweis erteilen könne. Dieser Leitfaden verhinderte nicht, dass nur ein Kassenhäuschen für alle Gästefans zu erheblichen Behinderungen und kleineren Verletzungen am Einlass führte. Dieses Manko hätte seitens der Gastgeber sicherlich vermieden werden können.



Fußball gespielt wurde dann übrigens auch noch, nachdem der Heimblock mit dem doppeldeutigen Plakat "Heute werdet ihr zerschmettert!" die Frage nach den Zerschmetterten offen ließ und es im Gästeblock neben Rauch auch ein pressekritisches Plakat gab. Die erste Chance gehörte den Gastgebern und ließ schon früh den Gedanken auf anstrengende folgende 90 Minuten aufkommen. Doch dann kam alles ganz anders und der FCS trat entschlossen und frech auf, sodass eine wunderbar herausgespielte Chance in der 7. Minute Manuel Rasp fand, welcher aus kurzer Distanz den Ball nur noch an Ulrich Schneider vorbei ins Tor schieben musste - 1:0.
Der FCS drängte weiter nach vorne und erarbeitete sich teilweise Großchancen, die im letzten Moment geklärt wurden. Einer dieser Bälle, die auf der Linie gestoppt wurden, wechselte schnurstracks in einen Konter für die Heimmannschaft, welcher vom ehemaligen Elversberger Wittek in die sträflich offen gelassene kurze Ecke vollendet wurde - 1:1. In der Folge war das Spiel ausgeglichen. Nach einer halben Stunde musste Mike Brückerhoff das Feld verletzt verlassen. Für ihn kam der wiedergenesene Mike Frantz ins Spiel.

Nach der Pause hatte man den Eindruck, dass die FCS-Abwehr die Distanz zu ihren Gegenspielern noch vergrößerte. Fast jeder Pass der Heimmannschaft fand den richtigen Mann, nur im Abschluss tat sich die Trierer Eintracht schwer. Dies eröffnete Möglichkeiten für den FCS, welcher die wenigen Chancen, die er erarbeiten konnte, umso effektiver ausnutzte. Nach einer Hereingabe von Mike Frantz ging Manuel Rasp mit vollem Einsatz auf den Ball und bugsierte ihn am rechten Pfosten vorbei ins Netz zur 2:1-Führung. Während die eine Hälfte des Moselstadions erstarrte, brachen im leiser gewordenen Gästeblock alle Dämme.



Kurz vor Schluss muss Trier-Torwart Schneider dann die Idee überkommen haben, wie am vergangenen Donnerstag Oliver Kahn es getan hat, in den letzten Minuten des Spiels nach vorne zu gehen. Tatsächlich befand sich die Eintracht in einer weiteren Drangphase und stand kurz vor dem Ausgleich. Es kam jedoch so, wie es immer kommt, wenn man die Ideen der Großen kopieren will: Schneiders Kollegen konnten den Ball nicht halten, dafür fasste sich Mike Frantz aus 50 Metern ein Herz und ließ den Ball gemächlich mit einem platzierten Lupfer ins Netz rollen, zusammen mit dem zurückgeeilten Schneider. Den Betriebausflug nach Trier ließ man im Block nach einer gemeinsamen Humba mit der Mannschaft unter Federführung von Mike Frantz ausklingen. Die Rückfahrt verlief harmonisch unter dem guten Stern des zweiten Tabellenplatzes.



Spielerisch hat der FCS zwar keine Glanzlichter gesetzt, jedoch besaß er den größeren Einsatzwillen und den nötigen Biss in der Offensive, den man beim Gastgeber nicht gesehen hat. Es sind eben nicht die Gründe aus der Zeitung, die für einen Sieg sprechen, sondern es ist das Quentchen Glück oder das Beenden einer langen Pechsträhne, wie im Falle von Manuel Rasp.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein verdammt wichtiger Auswärtssieg, von dem wir wohl erst am Ende der Saison ahnen können, was er wert war.

DER Satz deines Artikels ist für mich:

"Die Rückfahrt verlief harmonisch unter dem guten Stern des zweiten Tabellenplatzes."

;-)